Die Geschichte vom Kleinen Milton und der Dicken Bertha

Und nun erzählt euch der Onkel Michael noch eine Gutenachtgeschichte. Es ist die Geschichte von dem Kleinen Milton und der Dicken Bertha.

Erinnert ihr euch noch an den Onkel Jens von eben? (für ein besseres Verständnis zuerst lesen) Der Onkel Jens war der mit dem großen Bunker. Aber der Onkel Jens wurde von Tag zu Tag unglücklicher. Ihm wurden nämlich täglich mehr und immer mehr von diesen bunten Zetteln zugetragen und er war in großer Sorge, ob denn sein Bunker für diese vielen Zettel reichen würde. Er konnte sich auch nicht so richtig erklären, warum plötzlich so viele bunte Zettel gerade bei ihm anlandeten.  Denn er hatte früher von seiner Oma mal das Märchen von der unsichtbaren Hand erzählt bekommen. Das hatte ihn Zeit seines Lebens geprägt. Daher konnte er sich nicht so recht erklären, wieso plötzlich alle Zettel bei ihm anlandeten und an anderer Stelle, jenseits seines Reichs, diese Zettel immer knapper wurden.

Da hatte der Onkel Jens plötzlich eine Idee. Er hatte nämlich noch einen Großonkel, den Mario. Zu dem wollte er fahren und ihn um Rat bitten. Der Mario hatte früher in Amerika gelebt, obwohl er eigentlich Italiener ist. Aber der Mario konnte damals wahrscheinlich auch nicht der Versuchung widerstehen. Zu groß waren die Zettelversprechen (ja, auch Italiener lieben diese Zettel; vielleicht etwas weniger als die Menschen im Reich der Mitte, aber sie lieben sie auch), die der Blankfeine Lloyd dem Mario verspochen hatte. Aber die Arbeit mit dem Lloyd hatte dem Mario vermutlich nicht gefallen, vielleicht hatte er auch nur Heimweh (was ich sehr gut verstehen kann). Daher ist er nach nur einem Jahr in seine Heimat zurückgekehrt und hat dann das gleiche gemacht, was der Onkel Jens im Reich der Mitte macht. Er hat nämlich auf die bunten Zettel aufgepasst. Und weil er das so gut gemacht hatte und auch schon viel in der Welt herumgekommen war, wurde er im Mai anno 2011 zum Oberaufseher über alle bunten Zettel. Der musste doch eigentlich wissen, warum der Jens plötzlich so viele Zettel zu beaufsichtigen hatte. Zum Glück musste der Onkel Jens nicht weit reisen, denn der neue Arbeitsplatz von seinem Großonkel war in der gleichen Stadt, nicht weit von ihm entfernt.

Also ging der Onkel Jens eines Nachmittags zu seinem Großonkel Mario und fragte ihn, was es denn mit den ganzen Zetteln so auf sich hat, die nun in seinem großen Bunker liegen und er sagte auch, dass er Angst habe, dass sein Bunker nicht ausreichen könnte. Da legte der Mario sorgenvoll seine Hand auf die Schulter von Jens und sagte ihm: „Schuld an der ganzen Misere ist die Dicke Bertha“. „Die Dicke Bertha?“  fragte der Jens mit großen Augen. „Ja, die Dicke Bertha. Weißt Du Jens, damals anno 2008, da spielten die Märkte verrückt. Es drohte großes Ungemach. Und da ich selber etwas hilflos war, habe ich mir Rat bei meinen alten Freunden geholt. Die waren alle ganz schlaue Professoren und viele von denen hatten auch in Amerika studiert und promoviert. Die wussten aber auch nicht so genau, was zu machen ist, denn so etwas gaben ihre hochkomplexen Prognosemodelle nicht her. Und mal ehrlich: Hätte ich etwa das Orakel von Omaha befragen sollen? Da hätte ich mich doch lächerlich gemacht. Da habe ich mich an meine Zeit mit dem Lloyd erinnert. Der Lloyd, der ist ein gaaanz großer; der vollendet nämlich hier auf Erden das Werk Gottes. Und göttlichen Rat, den konnte ich damals schon gut gebrauchen.“

„Und was hat er dir denn nun geraten?“ fragte der Onkel Jens ganz aufgeregt. „Nun, er riet mir die Dicke Bertha zum Einsatz zu bringen. Dies wäre die einzige Möglichkeit in dieser ausweglosen Situation gewesen, um die Märkte zu beruhigen.“ „Wieso müsse man denn die Märkte beruhigen“, fragte der Onkel Jens. Da legte der Mario die Stirn in Falten und sagte zum Jens: „Dafür habe ich ehrlich gesagt auch keine richtige Antwort. Aber damals erschien mir das irgendwie logisch. Du weißt schon, die Geschichte mit dem scheuen Reh. Aber im Nachhinein bin ich mir nicht mehr so sicher, ob wir das damals richtig gemacht haben. Immerhin haben wir so ein Zeichen gesetzt, dass Gier und Betrug sich auszahlt. Wir haben hier der Moral keinen guten Dienst erwiesen.“

Da wurde der Onkel Jens ganz nachdenklich, denn er war sehr sehr unglücklich wegen der Sache mit der Moral und über die vielen vielen Zettel, die er nun für lange lange Zeit aufbewahren musste.  Zudem bedrückte ihn, dass diese Zettel nur Aufbewahrungskosten verursachen, aber keinen gesellschaftlichen Nutzen stiften. Zudem wusste er von seinen Amtskollegen aus den anderen Ländern, dass bei denen keine Zettel mehr ankamen. Diese Zettel sind aber sehr wichtig, damit die Menschen Verträge abschließen können und miteinander Handel betreiben können. Es war wie verhext. In seinen Bunker flossen unablässig diese Berge von Papier und in vielen anderen Regionen von Euroland herrschte absolute Dürre. Die Dicke Bertha hatte irgendwie eine riesige Schneise geschossen, die dafür sorgte, dass das Geld nur noch in eine Richtung floss aber nicht mehr zirkulierte.

Aber die ganzen Papierberge sorgten auch im Reich der Mitte nicht wirklich für Wohlstand für alle, wie das mal der Onkel Ludwig versprochen hatte. Und in den sehr südlich vom Reich der Mitte gelegenen Regionen herrschte große Not. Die Not war so groß, dass sogar Lehrer entlassen werden mussten, weil die Zettel nicht mehr ausreichten, ganze Betriebe mussten schießen und in den Cafés traf man auch nur noch sehr selten seine alten Freunde. Das machte viele Menschen einsam. Aber besonders grämte den Onkel Jens, dass eine ganze Generation von jungen und hoffnungsvollen Menschen keine Chance auf eine Zukunft in einem selbstbestimmten Leben haben wird. Das ließ den Onkel Jens nicht ruhen. Er raufte sich die Haare und rieb sich die Nase. Und siehe da: potz Blitz! Wie ein Geistesblitz aus dem Nichts kam ihm die rettende Idee. „Ich hab’s!“ rief er mit lauter und sehr aufgeregter Stimme, so dass sein Großonkel erschrocken zusammenzuckte. „Ich habe die Lösung!“

„Wie, du hast die Lösung? Da bin ich aber jetzt mal gespannt.“ „Weißt du, Onkel Mario, deine Geschichte mit der Dicken Bertha hat mir die Inspiration gegeben. Erinnerst du dich noch an den Kleinen Milton, der ganze 18 cm kleiner war als Napoleon?“ „Der hat doch damals die Chicago Boys in die Spur gebracht, wenn ich mich recht erinnere. Die hatten aber wenig Gutes vollbracht.“ „Ja, da hast du wohl recht. Aber das war dann ja nicht mehr die Schuld vom Kleinen Milton. Erinnerst du dich  noch an die letzten Sätze, die Onkel Ben anlässlich des 90. Geburtstags zum Kleinen Milton im Jahre 2002 sprach?“ „Nein, daran kann ich mich nun wirklich nicht mehr erinnern.“ „Wortwörtlich kann ich mich auch nicht mehr erinnern, aber sinngemäß hatte Onkel Ben gesagt, dass die Zentralbanken es damals anno 1929 vergeigt hätten und er darüber sehr traurig sei und sich für seine Kollegen von damals entschuldige. Aber Dank der Erkenntnisse vom Kleinen Milton würde so etwas Schlimmes wie damals nicht wieder passieren.“

„Was waren denn nun diese tollen Erkenntnisse des Kleinen Milton?“ „Nun, der Kleine Milton hielt die Dicke Bertha wohl für überholt und wollte für den Fall aller Fälle, also wenn sich die bunten Zettel einseitig an einer Stelle aufstauen, den Heli ausschwärmen lassen und dafür sorgen, dass sie wieder gleichmäßiger verteilt werden und ihre segensreiche Wirkung im Handel der Menschen miteinander entfalten können.“ „Stopp!“, sagte da der Onkel Mario. „Genau das hat doch der Onkel Ben gemacht! Und was hat es gebracht? Nichts, rein Garnichts. Die Heli-Geschichte ist gescheitert!“

„Gemach, gemach, mein lieber Onkel. Der gute Ben hat zwar das Grundprinzip vom Kleinen Milton verstanden, aber fehlerhaft umgesetzt. Der Kleine Milton war nämlich eigentlich der beste Freund vom Großen John.“ „Du meinst den Little Joe!“ „Nein, nicht den Little Joe, da verwechselst du etwas, ich meine den Großen John Maynard. Und der wusste was zu tun ist, wenn die Falle zuschnappt. Dann muss man nämlich reichlich Zettel unters Volk bringen. Und diese Idee hatte der Kleine Milton aufgegriffen und darauf aufbauend seine monetaristische Quantitätstheorie entwickelt. Der Kleine Milton wusste schon, dass die Papierzettel nur dann ihre wundersame Wirkung erzielen können, wenn sie auch bei den Menschen ankommen und nicht im Finanzsektor verschluckt werden. Der Heli-Ben hatte den Fehler gemacht – und den macht er übrigens immer noch – , dass er den großen Heli nur über die Wallstraße fliegen lässt, aber nicht über die Hauptstraße. Und wenn auf der Hauptstraße keine Zettel ankommen, dann können sie auch nicht ihre magische Wirkung entfalten.“

„Welche magische Wirkung?“, fragte da der Onkel Mario. „Nun, mein lieber Onkel Mario, ich glaube, du wirst schon langsam etwas vergesslich. Erinnerst du dich nicht mehr an die segensreichen Multiplikator- und Akzeleratoreffekte? Schon Goethe hatte in seinem Faust die Alchemie der wundersamen Zettel beschrieben. Ich selbst habe vor einem Jahr bei uns im Hause, eine Ausstellung dazu eröffnet. Da war auch der Große Binswanger zugegen. Der hatte mich nämlich auf die Idee mit dieser Ausstellung gebracht. Der Große Binswanger ist übrigens der Doktorvater vom Little Joe. Der wollte immer ein ganz großer sein, so mindestens um die 25 %. Das hat er dann auch geschafft, aber leider nicht den archimedischen Punkt berücksichtigt. Er war aber schlau genug, sich rechtzeitig vom Acker zu machen, bevor der Böse Leverage seine archimedischen Wirkungen entfaltete.“

„Ok, ich verstehe, aber willst du wirklich mit dem Heli über Euroland fliegen und diese Zettel abwerfen?“ „Nein, natürlich nicht. Das hatte der Kleine Milton doch nur bildlich gemeint. Er hatte eine ganz tolle Idee. Er hatte sich nämlich Gedanken darüber gemacht, welche Funktion eigentlich Steuern haben. Und da hat er das mal ganz wortwörtlich genommen und sich gesagt, dass Steuern zum Steuern da sind. Also auch zur Steuerung der Zettelmenge in den Taschen der Menschen. Die meisten Menschen, die viele dieser Zettel erwerben oder viel Vermögen besitzen, müssen viele dieser Zettel an den Staat abgeben. Viele von denen haben aber immer noch so viele Zettel, dass riesige Mengen davon in meinem Bunker landen, weil sie nichts Sinnvolles damit anzufangen wissen. Auf der anderen Seite gibt es ganz viele Menschen, die unter so starker Zettelarmut leiden, dass selbst eine 70 Stundenwoche kaum ausreicht, um über die Runden zu kommen. An teure Bücher oder gar Musikunterricht für die Kinder ist da oftmals gar nicht zu denken. Der Kleine Milton hatte nun die glorreiche Idee einer negativen Einkommenssteuer. Diese Idee könnten wir zum Beispiel so umsetzen, dass alle Bürger von Euroland (also auch die Kinder) jeden Monat eine kleine Menge von diesen Zetteln erhält; so zwischen 40 und 80 Euro könnte ich mir hier vorstellen.“

„Halt“, rief da wieder Onkel Mario. „Du kannst doch nicht einfach die Druckerpresse anwerfen und noch mehr Zettel verteilen. Die landen dann doch nachher wieder alle in deinem Bunker.“

„Da hättest du Recht. Mache ich aber nicht. Ich nutze nämlich einfach die Zettel, die bei mir ungenutzt herumliegen. Viele Menschen, vor allem im Reich der Mitte, scheinen sie ja nicht zu benötigen. Ich leihe sie mir einfach für eine gewisse Zeit aus, entlaste somit meinen Bunker, habe weniger Kosten und die Zettel können ihre wundersame Wirkung bei den Menschen in Euroland entfalten. Und da aber alle Zettel, die bislang durch uns in Umlauf gebracht worden sind, nur geliehene Zettel waren, werden die von uns jetzt ohne Rückzahlungstermin ausgegebenen Zettel wieder alle bei uns landen.

Und jetzt lass uns ein fröhliches Lied anstimmen, dass wir schon als Kinder gesungen haben:

TalerUnd nun schlaft alle gut und träumt was Schönes. Manche Träume gehen in Erfüllung, wenn man nur fest genug dran glaubt.

Über Michael Stöcker

Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!
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2 Antworten zu Die Geschichte vom Kleinen Milton und der Dicken Bertha

  1. wolfgang.kloetzer schreibt:

    Ja liebe Kinder und der zweite Teil geht nun so:
    Alle die also nun Monat für Monat einige von den bunten Zetteln aus dem großen Haufen erhalten haben, nehmen diese und gehen damit aus dem Haus. Wie das so ist im Leben, der eine geht zu seinem Gemüsehändler auf den Markt und tauscht dort einige bunte Zettel ein. Der andere nimmt alle Zettel seiner Familie zusammen und tauscht sie gegen ein Auto ein was mit Strom fährt. und der Dritte, ….der Vierte…. na seht ihr, da fällt Euch schon selbst was ein was man mit diesen Zettel machen könnte. Und nun freut sich auch der Gemüsehändler und der Autohausschef und der Schneider, der Bäcker, der Fleischer weil sie nun alle bunte Zettel haben und sich auch selbst wieder etwas eintauschen können, was sie gern mögen.. Ja nur der, der eben noch alle bunten Zettel im Bunker hatte, was wird der wohl sagen wenn er immer weniger davon hat? Könnte sein er freut sich weil ja nun alle glücklich sind, ist aber nicht sicher, weil die Gesellschaft dann anders heisen würde vielleicht nicht mehr Kapitalismus, könnte ja sein . Könnte aber auch sein, dass wieder ein Anderer die bunten Dingerchen sammelt und sich die Keller voll macht und das ganze Schlechte wieder von vorne anfängt!
    Deshalb müsst Ihr und alle anderen Kinder aufpassen das es so nicht kommt, weil es ist ja eure Zukunft um die es da geht. Besser ist doch wenn alle eure Freunde auch bunte Zettel haben und sich Wünsche erfüllen können und auch an Andere viele schöne Dinge zu verschenken haben und damit vielen Menschen Freude machen. Das heist dann glaube ich Sozialismus, aber das ist eine ganz andere Geschichte und die erzähle ich erst wenn Ihr selbst schon wieder Mama und Papa seit und eure Kinder eine gute Nacht Geschichte hören möchten und es eben keine Menschen mehr gibt, die nur für sich alle bunten Zettel einsammeln und in ihren Keller legen und nur an sich selbst denken und alle Anderen einfach vergessen!
    Morgen fragt ihr eure Eltern wann denn nun die bunten Zettel endlich verteilt werden . Eure Eltern fragen die Regierung und so wird dann endlich die Geschichte von Herrn Stöcker überall im Lande herumkommen und jeder wird sagen ja so ist es richtig und sie wird endlich doch noch wahr!“

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Lieber Herr Klötzer,

      vielen Dank für den zweiten Teil der Geschichte, denn nun wissen auch alle Nicht-Volkswirte, was man unter einem Multiplikatoreffekt zu verstehen hat. Es wird also mit relativ wenig Geld eine ganze Kette von Transaktionen initiiert. Allerdings: Auf jeder Transaktionsstufe wird in der Regel ein mehr oder weniger kleiner/großer Aufschlag kalkuliert, der das unternehmerische Risiko absichern soll/muss; denn es kann ja auch mal etwas schieflaufen. Das ist eben nun mal so im Leben, dass nicht alle Risiken vorhersehbar sind. Dieser Effekt wird dann aber zum Problem in einer Gesellschaft, die schon ein sehr hohes Wohlstandsniveau erreicht hat. Wenn es nur noch sehr geringe Wachstumsraten gibt, dann kommt auch nur noch sehr wenig neues Geld in Umlauf und der Investitionsmultiplikator ( so nennt man das, wenn Unternehmen bei Banken einen Kredit aufnehmen oder der Staat Kredite aufnimmt, um Straßen oder Schulen zu bauen) entwickelt sich auf einer so immer kleiner werdenden Geldbasis, dass das zusätzliche Geld nicht mehr ausreicht, um die Risikokalkulationsaufschläge zu kompensieren. Sehr erfolgreiche Unternehmen wie Apple und Co. verstärken diesen negativen Effekt und entziehen dem Kreislauf immer mehr Geld/Blut und das ohnehin schon anämische Wachstum droht in eine Deflationsspirale abzugleiten. Dies ist die Problematik, auf die Prof. Binswanger immer wieder verweist.

      Zudem wird der Multiplikatoreffekt durch das Sparverhalten der Menschen beeinflusst. Volkswirte sprechen auch von der marginalen Konsumneigung. Und die ist besonders groß bei den Menschen, die nur sehr wenig Vermögen, aber vor allem auch ein sehr geringes Einkommen haben, wohingegen bei den Menschen mit sehr hohem Einkommen es sich genau anders herum verhält. Die sparen einen deutlich höheren Anteil ihres zusätzlichen Einkommens und tragen damit nur zu einem geringen Teil zum Multiplikatoreffekt bei. Will man als Regierung also ein bestimmtes Ziel mit möglichst geringem Aufwand erreichen, dann sollte man nicht den Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer senken, sondern eher das Konzept einer negativen Einkommensteuer nach Friedman im Auge behalten; denn so sind die größten Multiplikatoreffekte zu erzielen.

      Übrigens: Die Privatisierung der Altersvorsorge wirkt sich hier besonders negativ auf den Multiplikatoreffekt aus, da so ein zusätzlicher Teil des nachfragewirksamen Geldes dem Kreislauf entzogen wird. Und das Monat für Monat! Aber so werden eben die Taschen von anderen gefüllt und am Ende stehen sich alle schlechter.

      Zu guter Letzt sei mir noch ein Hinweis gestattet: Sie wissen zwar jetzt, wie man die Liquiditätsfalle umgehen kann, aber leider sind Sie dafür in eine andere Falle getappt. Ich nenne sie gerne die Ismus-Falle. Die Ismus-Falle ist besonders tückisch, da sie den Menschen immer wieder das Paradies auf Erden verspricht. Dies wussten aber schon der Katholizismus und der Islamismus und hatten daher das Post-Mortem-Paradies erfunden. Die paradiesischen Versprechen des Sozialismus sind doch durch die Empirie falsifiziert worden. Aber in einem Punkt (es gibt da durchaus noch mehrere) stehe ich ganz auf der Seite von Sarah Wagenknecht, nämlich bei ihrer Hommage an Ludwig Erhardt. Der sprach auch nicht von Kapitalismus sondern von Marktwirtschaft; und zwar im Geiste von Walter Eucken und Alfred Müller-Armack.

      Markt, Eigentum (solches, das auch verpflichtet) sowie individuelle Freiheit und Verantwortung (auch kollektive) sind die konstituierenden Elemente für ein gutes und erfolgreiches Leben. Und nur dort, wo es zwickt, da sollte der Staat regulierend eingreifen; denn die unsichtbare Hand von Adam Smith ist zwar nicht allmächtig, aber regelt doch sehr viele Dinge auf eine sehr unkomplizierte und effektive Weise.

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