Geldmythen

Nachdem ich mich seit Beginn der Finanzkrise im Jahre 2007 intensiver mit unserem Geldsystem auseinander gesetzt habe, ist mir zunehmend bewusst geworden, dass nicht nur ich, sondern sogar manche Fachleute von der Deutschen Bundesbank (ich hoffe, nicht alle) eine sehr überholte Vorstellung vom Wesen eines modernen Kreditgelstandards hatten. So mancher hat das wohl immer noch, vor allem viele Vertreter der Mainstream-Ökonomie.

update 02.04.2016: Nun leider auch Andreas Dombret – Vorstandsmitglied bei der Bundesbank – der diesen Unsinn in einem Spiegelinterview zum Besten gibt: „Dahinter steht der massive Anlagedruck der Banken. Weil die Zinsen so niedrig und bei der EZB sogar negativ sind, müssen sie irgendetwas mit ihrem Geld machen. Und deshalb vergeben sie so viele Immobilienkredite.“ Diese Aussage ist falsch. Warum? Das wird in den folgenden Absätzen erläutert.

In Anlehnung an meinen 1. Blogbeitrag im September letzten Jahres (Zinsmythen), habe ich daher den Titel des heutigen Beitrags gewählt. Dass viele Ökonomen nicht so recht wissen, was Geld eigentlich ist, schwante mir ja schon in einem Leserbrief, den ich an den Chefredakteur der Wirtschaftswoche, Roland Tichy, im Oktober 2013 geschrieben hatte. Eine aktuelle Diskussion im Herdentrieb (Was Sie schon immer über Geld wissen wollten) hat mich in meiner Auffassung bestätigt, dass sich viele Irrungen, Wirrungen und Mythen um dieses Thema ranken. Daher möchte ich hier nun eine Zusammenfassung der zentralen Aussagen zu unserem heutigen Geldsystem vornehmen (und nein, es handelt sich hierbei um keinen Aprilscherz).

1 Kurze Geschichte des Geldes
2 Die Entstehung von Zentralbanken
3 Unser heutiges Geldsystem
  3.1 Fehlerhafte Vorstellungen
  3.2 Geld entsteht durch Kreditvergabe
  3.3 Giralgeld versus Zentralbankgeld
4 Fazit


1 Kurze Geschichte des Geldes

Man kann grundsätzlich zwischen zwei Arten von Geldsystemen unterscheiden:
1. Warengeld (auch Specie Money) und 2. Kreditgeld (Fiat Money). Tatsächlich handelt es sich hierbei um zwei vollkommen unterschiedliche Geldsysteme, die zugleich großen Einfluss auf die makroökonomische Dynamik einer Gesellschaft haben.

Die meisten von uns denken bei Geld in den Kategorien von Warengeld und befinden sich damit in der Welt des vorindustriellen Tausches, wo das Geld als Warengeld nur ein Zwischentauschgut ist, um andere Güter oder Dienstleistungen zu erwerben. Diese Vorstellung wird dadurch verstärkt, dass als erste wesentliche Funktion des Geldes immer wieder die Tauschmittelfunktion genannt wird. Von daher haben auch viele von uns die Vorstellung, dass das Geld, mit dem wir heute zahlen, durch eine Ware abgesichert sei. Nur so ist der medial-kultische Tanz ums Gold der Bundesbank überhaupt zu erklären, der im letzten Jahr durch die Bildzeitung heroisch auf die Agenda gesetzt wurde. Tatsächlich wurde ja auch viele Jahrhunderte mit Warengeld Handel betrieben und unsere Vorstellungen zum Geld wurden in unserer Kindheit doch stark durch die Duckschen Goldspeicher geprägt. Tatsächlich hat dies aber mit dem Geld, mit dem wir nun schon seit über 100 Jahren bezahlen, kaum noch etwas gemein. Es gab zwar mal eine Goldbindung als Folge des Bretton-Woods-Abkommens, aber so richtig ernst hatte man das nie genommen und sich daher auch offiziell 1971 davon verabschiedet. Ein Ereignis, das heute immer noch von vielen als Beleg für das angeblich betrügerische Geldsystem herangezogen wird (damit möchte ich nicht die amerikanische Geld-, Öl- und Machtpolitik schön reden; dies ist aber ein anderes Thema).

Worin besteht denn nun ganz praktisch der Unterschied zwischen diesen zwei Systemen? Während bei einem Warengeld immer zuerst die Arbeitsleistung erfolgen muss (Schürfen von Edelmetallen, anschließendes Schmelzen und Prägen), damit man anschließend nützliche Güter tauschen kann, ist dies beim Kreditgeld viel einfacher: Es entsteht durch einen Kreditvertrag und die Bank stellt dem Kunden den Betrag auf seinem Konto zur Verfügung. Bilanziell hat die Bank aufgrund des Kreditvertrags gegenüber dem Kunden sowohl eine Forderung als auch eine Verbindlichkeit. Technisch betrachtet hat sich die Bilanzsumme erhöht (=Bilanzverlängerung). Der Kunde kann damit heute reale Zahlungsvorgänge vornehmen, die er zukünftig wieder zurückführen muss. Durch den Kreditvertrag wird also nur temporär Geld geschöpft. Es verschwindet wieder mit der Kredittilgung. Handelt es sich bei dem Bankkunden um einer Unternehmer, so kann er sich  – ohne den Umweg über die Goldsuche – direkt der sinnvollen Produktion von nutzenstiftenden Gütern und Dienstleistungen zuwenden, die er anschließend am Markt wieder verkauft. Das Geld für den Güterkauf haben andere durch die über den Bankkredit finanzierten Gehaltszahlungen oder Gewinnausschüttungen erhalten. Damit fließt bei vollständiger Verausgabung durch Käufe das Geld wieder zum ursprünglichen Kreditnehmer zurück und er kann bei seiner Bank den Kredit tilgen.

Die meisten von uns unterscheiden nicht zwischen Bargeld und Giralgeld (Buchgeld). Von daher scheint Bargeld und Giralgeld das Gleiche zu sein. Wie wir noch sehen werden, ist es aber nicht das Gleiche, obwohl wir mit beidem schuldbefreiend zahlen können.

Die ersten Vorläufer unseres heutigen Geldsystems gab es wohl schon in Mesopotamien, wo Forderungen und Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen buchhalterisch verrechnet wurden. Die Unterscheidung zwischen Warengeld und Kreditgeld wird deutlich, wenn man in der Geschichte auf die Hamburger Bank (gegr. 1619) zurückblickt. Die differenzierte nämlich zwischen zwei unterschiedlichen Arten von Geld: Es gab zum einen die Mark Banco und zum anderen die Mark Courant. Die Mark Banco entsprach dem Kreditgeld, das durch einen Buchungssatz entstand und nur in den Büchern der Bank als Verrechnungseinheit diente, während die Mark Courant Warengeld repräsentierte. Der Begriff findet sich auch heute noch bei den Kurantmünzen wieder (Goldtaler, Gulden, Silberlinge, etc.), die im Gegensatz zu den heutigen Scheidemünzen vollwertig geprägt waren. Es gab also auch schon in der Vergangenheit Warengeld und Buchgeld (=Kreditgeld). Und es gab auch immer erfolgreiche und weniger erfolgreiche Banken. Von daher leitet sich ja auch der Begriff Bankrott ab (Bancarotta). Wer nämlich im Mittelalter als Geldwechsler zahlungsunfähig wurde, dessen Tisch (Banca) wurde demonstrativ mit der Axt zerschlagen (rotta).

Ein Bankencrash ist also keine Erfindung der Neuzeit, sondern so etwas gab es schon immer. So etwas droht immer dann, wenn das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit einer Bank in Zweifel gezogen wird. Dafür mag es berechtigte Gründe gegeben, manchmal ist es aber auch nur panikartiger Herdentrieb. Wie dem auch immer sein mag. Fakt ist, wenn alle gleichzeitig ihr Geld abheben möchten (Bargeld), dann hat das noch nie funktioniert. Warum? Weil durch die Kreditvergabe heute mehr Buchgeld geschaffen wird, als vollumfänglich heute ausgezahlt werden kann, da die Bank das kreditierte Geld ja erst in der Zukunft durch den Kreditnehmer zurück erhält. Daraus spinnen jetzt manche Zeitgenossen ein riesiges Betrugssystem und berufen sich dabei auf einen Professor Hörmann aus Österreich. Tatsächlich handelt es sich hierbei aber um einen der intellektuellen Tiefpunkte im Verständnis unseres heutigen Geldsystems. Wer sich für diese Dummheiten interessiert, der wird unter anderem hier fündig oder auch hier.


2 Die Entstehung von Zentralbanken

Weil es immer wieder zu solchen Liquiditätsereignissen (Bankrun) kam, haben sich in einem ersten Schritt die Banken zusammengeschlossen und sich gegenseitig unterstützt. Das Problem dabei war aber, dass diese Unterstützung, wenn es richtig ernst wurde, auch nichts nutzte (auch der Einlagensicherungsfonds der Sparkassen und Banken wäre hier überfordert). Denn ein Kreditgeld hängt letztlich am Glauben und Vertrauen (lat. credere) in die Fähigkeit der unbegrenzten Liquiditätsbereitstellung. Und diese Macht hat keine Bank. Eine solche Machtfülle hat nur der Staat. Und diese Macht ist auch nicht unendlich, wie man sehr leicht an gescheiterten Währungen sehen kann. Aber ein funktionsfähiger Staat ist machtvoller als alle anderen Institutionen.


3 Unser heutiges Geldsystem


3.1 Fehlerhafte Vorstellungen

Nun aber zu unserem heutigen Geldsystem, das so viele Irrungen und Wirrungen hervorruft, dass sich inzwischen sogar die Bank of England genötigt sah, eine Aufklärungsreihe zu unserem modernen Kreditgeldsystem zu veröffentlichen. Unser heutiges Geldsystem ist − von wenigen Ausnahmen abgesehen − ein reines Kreditgeldsystem. Das Gold der Bundesbank ist also nicht nötig. Worauf es letztlich ankommt, ist die Qualität der Kreditvergabe und somit die Bonität des Schuldners. Aber der Reihe nach:

Viele von uns glauben, dass das Geld von der Zentralbank komme und wir als Sparer unsere Geldersparnisse den Banken zur Verfügung stellen müssen, damit Unternehmen investieren können. Dahinter steckt die Vorstellung, dass Banken und Versicherungen die Funktion einer Kapitalsammelstelle hätten und insofern als Intermediär zwischen Sparen und Investoren fungieren. Sparen die Bürger zu wenig, dann können die Banken keine Kredite vergeben. Dahinter steckt die Idee, dass die Zentralbanken die Geldmenge steuern und somit auch die Menge an Geld, die für Konsum und Investitionen zur Verfügung steht. In der Fachliteratur wird dies unter der Loanable Funds Theory diskutiert und basiert auf der Vorstellung von exogenem Geld, das nur durch die Zentralbank geschaffen werden kann. Diese Sichtweise ist aber falsch. Sie wird dadurch semantisch begünstigt, dass wir alle von Sichteinlagen sprechen (offizielle Bezeichnung in der Bilanz), obwohl es sich hierbei tatsächlich aus Bankenperspektive um Sichtverbindlichkeiten handelt, die aus Kundensicht zugleich Sichtforderungen sind. Hier nun die korrekte Erläuterung, wie Geld entsteht und worin der Unterschied zwischen Zentralbankgeld und Giralgeld liegt.


3.2 Geld entsteht durch Kreditvergabe

Am Anfang allen Geldes steht die Kreditvergabe (durch Geschäftsbanken geschaffenes endogenes Geld). Durch die Kreditvergabe entsteht eine Sichtforderung. Und diese Sichtforderung kann nun durch Überweisung an einen Dritten übertragen werden oder der Kunde verlangt Barauszahlung. Wechselt der Betrag per Überweisung zu einer anderen Bank, dann ist im Hintergrund auch Zentralbankgeld fällig (Clearing). Denn nur mit Zentralbankgeld kann man schuldbefreiend zahlen. Würde im Hintergrund kein Zentralbankgeld fließen, dann wäre ja die Zahlung nicht schuldbefreiend erfolgt. Zu diesem Zweck hat man aber doch gerade mit seiner Bank einen Girovertrag abgeschlossen, damit man auch bargeldlos schuldbefreiend bezahlen kann. Nun muss die Bank natürlich sehen, wo sie dieses Zentralbankgeld her bekommt.


3.3 Giralgeld versus Zentralbankgeld

Wir als Kunden kennen Zentralbankgeld nur als Bargeld in Form von Münzen oder Geldscheinen. Streng genommen stammen nur die Geldscheine von der Zentralbank, während die Münzen aus der Tradition heraus von der Regierung ausgegeben werden. Hier ist in der Tat ein winziger Teil des Geldes nicht über die Kreditvergabe in den Kreislauf gelangt sondern durch Prägung (nach Abzug der Prägekosten) direkt dem Finanzminister zugeflossen (Fiat Money im wahrsten Sinne des Wortes). Hier gibt es also tatsächlich noch so etwas wie eine Seigniorage.

Wo bekommen denn nun aber die Banken das Zentralbankgeld her? Betrachten wir die Banken in Summe, dann selbstverständlich ausschließlich von der Zentralbank gegen Abtretung von Sicherheiten. Und sie erhalten das Geld nicht als Geschenk, sondern als zeitlich befristete Leihgabe. Die Sicherheiten für diesen Leihvertrag sind letztlich die Kredite, die die Banken vergeben haben. Wen die Details hierzu interessieren, der kann hier nachlesen und hören, wie das ganze technisch abläuft.

Da die Banken ihren Liquiditätsbedarf an Zentralbankgeld nicht so genau steuern können (wer weiß schon im Voraus, wie viele Überweisungen heute getätigt werden oder wie viel Geld am Automaten abgehoben wird), haben sie die Möglichkeit, sich über drei Wege kurzfristig Zentralbankgeld zu besorgen. Der übliche Weg geht über den Interbankenmarkt. Hier leihen sich Banken untereinander Zentralbankgeld. Die eine Bank hat mehr Zentralbankgeld als sie benötigt, die andere Bank hat zu wenig. Reicht die Überschussliquidität im Gesamtsystem nicht aus, dann bleibt die sogenannte Spitzenrefinanzierungsfazilität. Das heißt, die Banken können sich zu einem relativ hohen Zinssatz (z. Z. das Dreifache des Hauptrefinanzierungssatzes) die nötige Liquidität bei der Zentralbank besorgen. Dies funktioniert bargeldlos, da alle (legalen) Banken ein Konto bei der Zentralbank unterhalten. Und die dritte und letzte Möglichkeit besteht darin, Kundengelder von anderen Banken abzuwerben. Manch einer erinnert sich vielleicht noch an die tollen Tagesgeldangebote der Kaupthing Bank in Höhe von 6 %.

Wir können also festhalten: Eine Geldschuld kann ich entweder durch Überweisung oder durch Barzahlung tilgen. In beiden Fällen fließt Zentralbankgeld. Wer hier etwas gegenteiliges behauptet, der hat noch nicht verstanden, was Clearing ist. Die Mythen, die sich um die Abschaffung des Bargeldes ranken, sind nur ein weiterer Beweis dafür, dass es grundlegende Missverständnisse zu unserem Geldsystem gibt. Dass die Banken ein großes Interesse an bargeldloser Zahlung haben hat doch etwas damit zu tun, dass diese Form der Bezahlung sehr aufwändig und somit teuer ist (Unterhaltung von Geldautomaten, Drucken von Geld durch die Zentralbank, unökologischer und teurer Transport von Bargeld, Falschgeldkontrolle etc.). Eine Reduktion des Bargeldverkehrs verringert also die Kosten der Bank und ist somit aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive zu begrüßen.


4 Fazit

Es gibt Inside Money (endogenes Giralgeld) und Outside Money (exogenes Zentralbankgeld). Nur Inside Money kann durch Banken geschaffen werde. Die Menge an Giralgeld hängt an der Kreditfreudigkeit der Schuldner und der Bonitätsprüfung der Banken. Inside Money ist also grundsätzlich nur begrenzt verfügbar. Outside Money hingegen ist grundsätzlich unbegrenzt verfügbar und hängt am Willen der Zentralbank, auf Liquiditätsereignisse angemessen zu reagieren. Tatsächlich ist Outside Money aber limitiert durch die gewünschte Inflationsrate. Zu viel Outside Money (Inflation) destabilisiert daher eine Währung ebenso wie zu wenig Outside Money (Deflation). Hier gibt es in deflationären Phasen besondere Herausforderungen an die Zentralbank. Wie einer solchen aktuellen Herausforderung begegnet werden kann, hatte ich im  Oktober letzten Jahres in einem 10-Punkteplan skizziert und zur Diskussion freigegeben.

Für uns als Kunden ist echtes Geld, im Sinne von Zentralbankgeld, nur Bargeld. Unsere Guthaben bei der Bank sind lediglich Sichtforderungen, die wir gegenüber der Bank haben. Diese Sichtforderungen lauten auf Auszahlung von Zentralbankgeld und/oder auf schuldbefreiende Übertragung dieser Forderung auf Zentralbankgeld durch Überweisung. Ob meine Sichtforderung auch tatsächlich durch die Bank erfüllt werden kann, hängt an der Qualität der Kreditvergabe der Bank. Ist die Qualität in größerem Umfang mangelhaft, kommt es zu vermehrten Ausfällen. Ist das Eigenkapital aufgezehrt, dann müssen eben andere ran. Und wenn es hart auf hart kommt (Island, Griechenland, Zypern…), dann eben auch der Sparer und/oder Steuerzahler.

In Krisenzeiten haben Zentralbanken aufgrund ihrer unbegrenzten Feuerkraft die absolute Macht, Liquiditätsereignisse zu bekämpfen und einen Systemkollaps zu verhindern. Sie haben jedoch nicht die Macht, die Solvenzprobleme von Banken zu lösen, die aufgrund leichtsinniger Kreditvergabe an bonitätsschwache Kunden entstanden sind. Solche Banken (ja, auch große) müssen geordnet abgewickelt werden. Die Insolvenz sollte nicht nur für Bankkunden sondern auch für Banken das normale marktwirtschaftliche Korrektiv sein.

Damit es erst gar nicht soweit kommt, sollte die Kreditvergabe der Banken nach einheitlichen Bonitätsstandards erfolgen. Diese festzulegen und zu überwachen sollte eine der zentralen zukünftigen Funktionen einer Zentralbank sein. Wenn wir hierauf vertrauen können, dann ist ein moderner Kreditgeldstandard als soziale Vereinbarung die effektivste Form des Austauschs von Gütern und Dienstleistungen in einer hochdifferenzierten arbeitsteiligen Volkswirtschaft und zugleich das Fundament für Wachstum und Prosperität.

Schließen möchte ich mit einem Zitat von Bundesbankpräsident Jens Weidmann:

„Geld ist in diesem Sinne eine gesellschaftliche Konvention – es hat keinen eigenständigen Wert, der der Nutzung vorgelagert ist, sondern sein Wert entsteht erst durch den ständigen Austausch und den Gebrauch als Geld.“

update 15.07.2015: Steve Keen: What Is Money And How Is It Created? und Perry Mehrling: Why is money difficult?

update 09.12.2017: Die Bundesbank hat im Mai dieses Jahres ihre veralteten Erklärvideos überarbeitet und stellt nun den Geldschöpfungsprozess völlig korrekt dar:

Und hier noch ergänzend eine ältere Erklärung von Jens Weidmann aus dem Jahr 2013 zu den TARGET2 Salden, die Prof. Sinn wohl bis heute nicht so richtig verstanden hat:


Weiterführende Links:

Inside and Outside Money – The Federal Reserve Bank of Minneapolis
Bank of England | Publications | Quarterly Bulletin 2014 Q1
Economics of Money and Banking, Part One | Coursera
Economics of Money and Banking, Part Two | Coursera
Was Sie immer schon über Geld wissen wollten « Herdentrieb – …
Zentralbanken wollen mehr Inflation – aber die Disinflation ..

Über Michael Stöcker

Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!
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14 Antworten zu Geldmythen

  1. rjmaris schreibt:

    Die Erläuterung hier macht einen etwas komplizierten Eindruck. Empfehlenswert sind auch folgende Quellen:
    http://www.flassbeck-economics.de/der-kredit-das-unbekannte-wesen/
    http://www.saldenmechanik.info/index.php/literatur
    => Neue Kreditpolitik (1936), pdf, ab S. 20

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  2. thewisemansfear schreibt:

    Eine sehr schöne Zusammenfassung, aber auch hier würde ich gerne klären, was nun auf dem Interbankenmarkt tatsächlich alles möglich ist.
    Ich denke schon, dass ich halbwegs verstanden habe, wie Clearing funktioniert. Sie zählen lediglich 3 Refinanzierungsmöglichkeiten auf, können Sie ausschließen, dass es nicht noch andere Wege gibt?
    Sie haben meine Kritik bei soffisticated wahrscheinlich gelesen, es geht darum, ob bzw. wie man ausschließen kann oder was sich für Möglichkeiten auftun, wenn man Banken die Möglichkeit zugesteht, den Ausgleich in ZBGeld temporär von sich schieben zu können. Einfach, indem sie eine Vereinbarung treffen, dies zu einem späteren Zeitpunkt zu tun (in der Hoffnung, dass sich das Problem dann von allein löst).
    Über eine Klärung wäre ich sehr erfreut.

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Meine Vermutung geht dahin, dass Sie nicht zwischen Clearing und Interbankenmarkt differenzieren. Beim Clearing werden die Salden zwischen den Banken auf den Zentralbankkonten der Geschäftsbanken ausgeglichen. Denn letztlich kann immer nur mit Zentralbankgeld schuldbefreiend bezahlt werden; niemals mit Buchgeld (geschaffen durch einen Kreditvertrag der Geschäftsbanken). Der Interbankenmarkt (=Geldmarkt) ist wiederum eine Möglichkeit, sich das für das Clearing notwendige Zentralbankgeld zu beschaffen. Da die Summe allen Geldvermögens näherungsweise Null ist, sind die Defizite des einen automatisch die Überschüsse des anderen. In normalen Zeiten läuft der Clearingbedarf über den Interbankenmarkt. Auf die Spitzenrefinanzierungsfazilität greift man nur im absoluten Notfall zurück. Für die Zentralbank ist dies zugleich ein Alarmsignal, wenn ein Institut diese sehr teure Fazilität über einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt.

      Wird aber in schwierigen Zeiten das Kontrahentenrisiko zu groß, weil sich Zweifel an der Solvenz einzelner Institute ergeben (IKB, Sachen-LB, Lehman…), dann trocknet der Geldmarkt für diese Institute aus. Da die Banken aber untereinander sehr stark vernetzt sind, wird aus einem Einzelrisiko sehr schnell ein Systemrisiko (too interconnected to fail) und der gesamte Interbankenmarkt bricht zusammen (sudden stop). Damit fehlt dann aber auch der Zentralbank ein wichtiger Indikator zu Steuerung des Geldmarktes. Sie operiert fortan sozusagen im Blindflug, da der Preis als zentrales Steuerungsinstrument nicht mehr über den Markt gebildet wird. Dauert diese Vertrauenskrise über einen längeren Zeitraum an, dann wird aus dem lender of last resort der lender of first liquidity. Nicht umsonst drängt die Bundesbank auf eine Reaktivierung des Geldmarktes, um die aufgeblähten Zentralbankbilanzen wieder zu normalisieren.

      Zurück zu Ihrer Frage: Selbstverständlich können Banken einfach Vereinbarungen treffen, sich untereinander Geld zu leihen. Das ist es doch gerade, was am Interbankenmarkt passiert und weshalb es den Interbankenmarkt gibt. Sie tun es aber z. Z. größtenteils nicht, weil kreditgebende Banken Gefahr laufen, dass sie das geliehene Zentralbankgeld nicht wieder bekommen. Und am Ende des Tages muss immer echtes Geld fließen. Und das ist nun einmal ausschließlich Zentralbankgeld. Und ohne einen größeren Schuldenschnitt wird der Geldmarkt nicht zu reaktivieren sein. Da sollte sich die Bundesbank keinen illusionären Wunschvorstellungen hingeben. Geld basiert auf Vertrauen; und solange das Vertrauen in die Schuldentragfähigkeit nicht wiederhergestellt ist, bleibt die Kiste so verfahren wie sie ist.

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      • thewisemansfear schreibt:

        Vielen Dank für den Versuch einer Erklärung. Die Prozesse und Mechanismen, die Sie beschreiben, orientieren sich am offiziellen Modell bzw. wie man es einmal erdacht hat. D’accord, der Saldenausgleich der ZB-Reservekonten auf dem Interbankenmarkt geschieht nur in ZBG, worin auch sonst?
        Dort entzündet sich gar nicht der Widerspruch, sondern an der Möglichkeit der Geschäftsbanken, diesen Saldenausgleich über gegenseitige Abmachungen (z.B. durch unbesicherte Forderungen) in die Zukunft zu verschieben.
        Sie lassen die Möglichkeit außer acht, dass sie sich gegenseitig anschreiben lassen können. Mir hat bisher noch niemand plausibel darlegen können, was die Geschäftsbanken daran hindert / es verbietet, dies zu tun. Das Modell sieht es schlicht und ergreifend nicht vor. Bei PC-Spielen würde man das als „Bug“ bezeichnen, und Spieler, die das ausnutzen „Bug-User“. Und dass solche Lücken nicht ausgenutzt werden, ist naja, naiv.
        Dabei ist das in meinen Augen Kerngedanke jeglichen Geldes – eine Abmachung/ein Versprechen.
        Dass Geld ein auf Vertrauen basiertes, soziales Konstrukt ist, keinen intrinsischen Wert besitzt, usw., darin besteht überhaupt kein Dissenz. Nur dieser kleine Schritt, dass über den Interbankenmarkt ein bisschen mehr möglich ist, als das ursprünglich mal angedacht war.

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        • Michael Stöcker schreibt:

          Sie können nicht unendlich anschreiben lassen; das macht niemand auf Dauer mit. Revolvierend ja, aber nicht permanent zusätzlich. Denn das geht zu Lasten der Rentabilität und führt bei geringem Eigenkapital schnell zur Insolvenz. Insofern sehe ich nicht, dass über den Interbankenmarkt mehr möglich ist als gedacht. Sonst wäre er ja nicht zusammengebrochen. Erstaunlich ist allerdings, dass das Spiel so lange gut ging und es nicht schon früher zum Kollaps kam. Aber Sie kennen ja sicherlich den Spruch: As long as the music is playing…

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      • thewisemansfear schreibt:

        Sie sind fast da. Der Ausweitungsmechanismus funktioniert selbstverständlich nur in Trippelschritten und nur für alle Banken quasi im Gleichschritt. In Boomzeiten (so lange die Musik spielt) kein großes Problem. Es wird nur finster, sobald sie aufhört. Aber dank TBTF/TITF-Status für „die Großen“ auch wieder nicht 😉

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      • thewisemansfear schreibt:

        Danke für die Hinweise. Das Video von Ray Dalio habe ich selbst mal als Blogeintrag gepostet, ist mir bekannt. Die Zusammenhänge sind teilweise schon arg verkürzt, aber das ist wohl der Verdichtung geschuldet.

        Menendez wird nicht müde zu bekräftigen, dass jede Schuld auch einen Erfüllungsgegenstand haben muss. Zitat aus dem verlinkten Beitrag:
        „Man kann es drehen und wenden wie man will: was in grauer Vorzeit schon galt, daß nämlich ein Schuldversprechen durch einen genau definierten Erfüllungsgegenstand getilgt werden können muß, gilt auch bei der “Schöpfung” von “Giralgeld” im Zuge der Kreditgewährung bei Banken! Geldschuld ohne den Schuldgegenstand Geld (Basisgeld) geht nun mal nicht.“

        Das ist eine von ihm getroffene Behauptung, auf der das Modell ja auch fußt. Leider besteht seine Begründung nur aus abgewandelten Zirkelschlüssen. Das ist so, weil anders geht nunmal nicht. usw. Das zieht sich durch etliche seiner Texte.

        Schaut man sich die Aussage einmal inhaltlich an, stellen sich folgende Fragen:
        – Schuldversprechen sind, auch wenn ein Erfüllungsgegenstand (natürlich nicht nur sächlich) vereinbart wurde, „nur“ ein Versprechen. Die Grundlagen allen juristischen Vertragswerks basieren auf Vereinbarungen zwischen Menschen. Und Versprechen können gehalten oder eben nicht gehalten bzw. gebrochen werden. Dann ist die Forderung jedoch futsch, es sei denn man kann diese auch dann noch durchsetzen. Und da gehört Macht dazu. Ohne „Staatsgewalt“ müsste man als Gläubiger das dann selbst in die Hand nehmen…
        Das Einhalten der Spielregeln setzt Vertrauen der Teilnehmer voraus, schießt jemand quer, liegt es am Machtapparat, die Regeln auch durchzusetzen.
        Und diesen setzt er stillschweigend voraus.

        Mit dem Hintergrund, dass sämtliche wirtschaftlichen Transaktionen (schließt Geld mit ein) letzten Endes Abmachungen/Versprechungen sind, muss man sich gedanklich schon sehr anstrengen, um einen Erfüllungsgegenstand Zentralbankgeld für sämtliche Geldtransaktionen plausibel erscheinen zu lassen. Die von mir vorgebrachten Einwände, dass sich Banken auch mit „Vereinbarungen“ aushelfen können, deutet einmal mehr auf den eigentlichen Ursprung von Geld hin.

        Die Diskussion von Herrn Menendez und Kommentator Oliver läuft übrigens in dieselbe Richtung: http://soffisticated.wordpress.com/2013/02/06/logische-typenlehre-ii-das-basisgeld/
        Leider wird auch sie nicht bis zu Ende geführt.

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        • Michael Stöcker schreibt:

          Sie schreiben: „Die von mir vorgebrachten Einwände, dass sich Banken auch mit “Vereinbarungen” aushelfen können, deutet einmal mehr auf den eigentlichen Ursprung von Geld hin.“

          Vereinbarungen sind und bleiben Vereinbarungen, aber doch niemals Geld. Vereinbarungen haben in der Regel ein Erfüllungsdatum. Und am Erfüllungstag ist Zahltag; also entweder Zentralbankgeld fällig oder aber eine Anschlussvereinbarung (Revolvierung). Wäre eine solche Vereinbarung zinslos, dann könnte ohne zusätzliches Risiko endlos revolviert werden. Aber zinsfreies Geld gibt es schon wegen des Kontrahentenrisikos in der realen Welt der Banken nicht. Hier setzt dann wohl die Idee eines negativen Zinssatzes auf Überschussreserven an, die zurzeit für heftige Aufregung sorgt, um Banken zu solchen Vereinbarungen zu drängen/nötigen. Wie auf diese Weise Banken wieder zu einer seriösen Kreditvergabepolitik zurückkehren können, ist mir allerdings schleierhaft.

          Sie sprechen aber hier einen sehr wichtigen Aspekt an, auf den auch Daniel Stelter mit Bezug auf die Eigentumsökonomik von Heinsohn/Steiger eingeht. Pfändbares Eigentum war und ist zentraler Bestandteil einer seriösen Kreditvergabe, bzw. sollte es eigentlich sein. Fehlt es an pfändbarem Eigentum, schnellen die Kreditzinsen wegen des Ausfallrisikos deutlich nach oben. Zu Recht weisen Sie darauf hin, dass es für die Durchsetzung derartiger Ansprüche eines Machtapparates bedarf, um solche Pfändungen im Ernstfall auch vollziehen zu können. Dafür gibt es in rechtsstaatlichen Systemen den Gerichtsvollzieher. Dessen Macht endet aber an der Pfändungsfreigrenze, an den Insolvenzregelungen sowie an der Staatsgrenze. Damit gibt es immer wieder Forderungen, die nicht durchsetzbar sind. Und genau zu diesem Zweck werden Zinsen erhoben: Nämlich zur Abdeckung des Ausfallrisikos. Zu dumm, dass diese aber schon verfrühstückt worden sind, anstatt als Rückstellungen die Bilanzen zu zieren (wär ja schlecht für EK-Rendite und somit für die Boni gewesen).

          Ist der Gläubiger sehr groß und machtvoll und/oder aber gut vernetzt, dann reicht der Vollstreckerarm auch über Ländergrenzen hinaus. Wir sehen dies u.a. an den Privatisierungsforderungen gegenüber Griechenland oder auch in der Schuldenabwälzung auf den irischen Steuerzahler. Ob so etwas friedlich enden wird ist mehr als zweifelhaft. Kein Wunder, wenn man sich die Etymologie dieses Wortes vergegenwärtigt (privare = berauben).

          In der Vollstreckungsmöglichkeit lauert aber zugleich die nächste Falle. Werden nämlich hohe Gewinne nicht ausreichend besteuert und gibt es wegen fehlender Nachfrage nicht mehr genügend Investitionsanreize, dann wird Geld wegen fehlender Inflation zu einem eigenständigen Asset und wird dem Markt entzogen. Dies sind dann die unseligen Überschussreserven, die der EZB gerade so viel Kopfzerbrechen bereiten. Damit fehlt dieses Geld aber zugleich den Altschuldnern, um ihre fälligen Kredite bedienen zu können. In einer deflationären Phase kommt es dann vermehrt zu Zahlungsausfällen und Pfändungen und die Vermögenskonzentration schreitet weiter auf ihrem revolutionären Pfad voran.

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  3. thewisemansfear schreibt:

    Der Ordnung halber möchte ich die obige Diskussion noch einmal geraderücken. Ich bin damals von einer falschen Vorstellung ausgegangen, dass Banken sich untereinander anschreiben lassen könnten, und zwar in einer anderen Form als Zentralbankgeld. Davon bin ich wieder abgerückt, die Mehrstufigkeit des Geldsystems bedingt, dass der Saldenausgleich zwischen den Geschäftsbanken nur mit Zentralbankgeld durchgeführt werden kann.

    Damit sind wir auch wieder direkt bei der Kritik am Artikel: Bei Punkt 3.2 schreiben Sie „Würde im Hintergrund kein Zentralbankgeld fließen, dann wäre ja die Zahlung nicht schuldbefreiend erfolgt.
    Die Möglichkeit, dass die Überweisung für ein Geschäft nur auf ein anderes Konto innerhalb derselben Geschäftsbank transferiert werden kann, sparen Sie leider aus. Nehmen Sie diesen Punkt mit auf, je größer die Bank, desto wahrscheinlicher der Fall. Das passt nur mit dem vorher gesagten nicht zusammen, denn durch das Übertragen einer Forderung (auf ZBG) ist damit ein Geschäft zustande gekommen.
    Und das hat auch nichts mit dem „nicht verstehen von Clearing“ zu tun…..

    ZBG ist rein technisch gesehen der Saldenausgleichsstandard der Geschäftsbanken untereinander. Schön sehen kann man das hier: https://thewisemansfear.files.wordpress.com/2014/08/fin_sys_arch_shouldbe.jpg
    Den rechtlichen Status „gesetzliches Zahlungsmittel“ hat es zusätzlich vom Gesetzgeber in der Form von Bargeld verliehen bekommen.

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Ja, Sie haben Recht. Diesen Aspekt habe ich nicht ausführlich genug erläutert. Aber: Auch hier geht es letztlich nicht ganz ohne ZB-Geld. Warum?

      Aufgrund des Girovertrags mit der kontoführenden Bank habe ich (sofern ich über ein Deposit verfüge) immer eine Forderung gegenüber der Bank. Und die Forderung des einen ist zugleich immer die Verbindlichkeit eines anderen (hier die der Bank). Die Forderung lautet auf Auszahlung von ZB-Geld (wann immer ich möchte) oder aber auf schuldbefreiende Überweisung (wann immer ich möchte). Im ersten Fall muss ZB-Geld ausgezahlt werden (Geldstufentransformation: aus Buchgeld wird ZB-Geld), im zweiten Fall muss differenziert werden, ob a) der Zahlungsempfänger sein Konto bei derselben Bank hat oder aber b) bei einer anderen Bank.

      Bei einer Barzahlung wird das Geschuldete (Bargeld) übergeben/übertragen. Es ist gem. BGB das Verfügungsgeschäft, das sich zwingend aus dem Verpflichtungsgeschäft ergibt.

      Bei Überweisung auf ein anderes Konto geht diese Forderung auf einen anderen über. Mit der Überweisung geht der eine Anspruch/Forderung unter und der andere Anspruch/Forderung entsteht neu.

      Im Falle a) wird der Anspruch auf jederzeitige Auszahlung oder auf Verfügung durch Überweisung von ZB-Geld schuldbefreiend auf den Zahlungsempfänger übertragen. Das ist ja gerade Sinn und Zweck eines Girovertrags. Im Falle b) muss im Rahmen des Clearing auch tatsächlich ZB-Geld fließen (gebucht werden) oder aber der Betrag durch die empfangende Bank wieder kreditiert werden (Interbankenmarkt). Untereinander können Banken, die sich vertrauen, so etwas auch über Loro- und Nostrokonten abwickeln. Damit Banken nicht illiquide werden (die Überschussbanken kreditieren nichts), gibt es dann noch die Spitzenrefinanzierungsfazilität und somit einen sicheren und jederzeit möglichen Zugriff auf ZB-Geld, sofern die geforderten Sicherheiten ausreichen (die in Krisenzeiten dann auch schon mal flexibel nach unten angepasst werden).

      Bei Devisenforderungen sieht es dann natürlich anders aus (Kaupthing). Von daher passt auch Ihr Link zum Schaubild von Keen in diesem Zusammenhang nicht, da es ja gerade auf internationaler Ebene keinen definitiven Saldenausgleichsstandard gibt. So etwas geht dann nur über Reservewährungen. Und Reserven entstehen letztlich nur durch LB-Überschüsse (siehe China).

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  4. kaiser schreibt:

    Wie kann denn Schuldgeld überhaupt funktionieren? Ich gebe Ihnen zwei Theaterkarten und verlange nach 2 Jahren die Theaterkarten zurück. Das ist ja nur die Tilgung. Jetzt will ich aber noch 50% „Zinsen“ ( Risikorücklage(falls Sie oder jemand anderes nicht „zurückzahlen“ können), Aufwand für die Bereitstellung/Vermittlung und ein großer Anteil Gewinn) für die zwei Jahre. Das heißt ich möchte 3 Theaterkarten (insgesamt 150% der ursprünglichen Darlehenssumme) von ihnen haben. Woher kriegen sie die eine Theaterkarte obendrauf denn her? Ich vergebe nämlich als Theaterbank nur Theaterkartenkredite. Ich verlange aber als Rückzahlung die Theaterkarten die rausgegeben wurden als auch noch Zins-Theaterkarten oben drauf! Wo kommen die Zins-Theaterkarten also her? Wenn der Schuldner sie jemand anderes, dem ich Theaterkarten gegeben habe „wegnimmt“ (erarbeiten, klauen, o.s.) fehlen jemand anderes ja wiederum Theaterkarten.

    Und noch etwas Anderes:
    Geld was ich auf der Bank habe (Girokonto, Sparbuch, Tagesgeld) sind Kredite von mir an die Bank und können auch futsch sein wenn die Bank insolvent wird. Bei Aktien blieben diese aber in meinem Besitz (Sondervermögen) und die Bank verwaltet sie „nur“, eine Insolvenz kann mir dann also nichts antun. Wieso werden die Kunden hier (gesetzlich!) unterschiedlich behandelt?

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Wirtschaft ist keine Veranstaltung, die zu einem bestimmten Zeitpunkt zum plötzlichen Stillstand kommt, sondern sie ist ein fortwährender dynamischer Prozess, der durch soziale/vertragliche Interaktionen charakterisiert ist. Die Zeit ist auch hier mal wieder die wichtigste Dimension. Lesen Sie noch einmal meinen ersten Beitrag in Ruhe durch: Zinsmythen. Wenn das nicht hilft, dann sind vielleicht die Beiträge von Norbert Häring hilfreich: Über das Geld. Der fehlende Zins, der immer wieder von den (Möchtegern)Geldsystemkritikern in den Ring geworfen wird, ist eine Chimäre. Die Probleme sind vor allem beim Matthäus-Effekt zu verorten sowie beim unerschütterlichen Glauben, dass es einen naturgesetzlichen Anspruch auf einen risikofreien Zinsertrag geben könne.

      Zum Thema Ungleichbehandlung von Aktien und Geld. Sie dürfen nicht Äpfel mit Birnen verwechseln. Auch wenn in den Statistiken Aktien etc. gerne zum Geldvermögen gezählt werden (stammt wohl noch aus der Zeit der Goldbindung), handelt es sich doch um zwei völlig verschiedene Dinge. Eine Aktie ist ein verbriefter Eigentumsanteil an einem Unternehmen. Den haben Sie käuflich erworben. Sie haben also Giralgeld (Sichtforderung gegenüber Ihrer Bank) in ein Wertpapier transformiert. Erscheint diese Aktie in der Bilanz der Bank? Nein! Die Bank hält Ihre Aktien nur aufgrund eines Depotvertrags; und das noch nicht einmal physisch. Die Kursschwankungen sind Ihre Chance/Risiko. Und wenn es hart auf hart kommen sollte, dann bin ich mal gespannt, wie Sie Ihre Forderung auf Auslieferung der Aktie geltend machen wollen. Selbst an Bankschließfächer kommt man nur ran, wenn die Bank geöffnet ist.

      LG Michael Stöcker

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  5. KuBra Consult schreibt:

    Danke für die sachliche und informative Darstellung unseres Geldsystems einschließlich der Differenzierung zwischen Warengeld, Kreditgeld (und deren Schöpfung), Zentralbankgeld (und deren Beschaffung), Bargeld und Giralgeld sowie der weiterführenden Quellenangaben.

    Auch wenn es in Ihrem Artikel „nur“ um Geld geht, scheint es mir wichtig, sich einmal die Relationen zwischen den verschiedenen „Aggregatzuständen“ vor Augen zu führen, in denen Geld bzw. Kapital in unserem globalen Finanzsystem existiert (Stand: 2017, jeweils auf globaler Basis, Quelle: http://money.visualcapitalist.com/worlds-money-markets-one-visualization-2017/):
    Marktkapitalisierung des Bitcoin: 171,2 Milliarden USD;
    Sämtliche Münzen und Banknoten im Umlauf: 7,6 Billionen USD;
    Gegenwert des bereits geschürften Goldes: 7,8 Billionen USD;
    Globale Geldmenge M1: 36,8 Billionen USD;
    Marktkapitalisierung der Aktienmärkte: 73 Billionen USD;
    Globale Geldmenge M3: 90,4 Billionen USD (8% physisch, 92% virtuell);
    Immobilien: 217 Billionen USD;
    Derivate: 544 Billionen bis 1,2 Billiarden USD (arithmetisches Mittel: 872 Billionen USD).

    Selbst, wenn man in die Betrachtung einbezieht, dass infolge der Hebelwirkung deutlich weniger Kapital in Derivate geflossen ist, als die oben genannten 872 Billionen USD nominell ausweisen, finde ich die Relationen erschreckend – insbesondere den Umfang der Finanzwetten auf Aktien, Indizes, Rohstoffe oder andere Vermögenswerte.

    Sie schreiben ferner – Zitat: „Ein Bankencrash ist also keine Erfindung der Neuzeit, sondern so etwas gab es schon immer. So etwas droht immer dann, wenn das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit einer Bank in Zweifel gezogen wird.“

    Mag sein, allerdings sind die negativen Auswirkungen auf die Realwirtschaft durch die Konzentration/Zentralisierung in der Finanzindustrie und der Digitalisierung/Vernetzung der Marktteilnehmer des Finanzsystems heutzutage ungleich größer, als in der Vergangenheit, wie wir spätestens beim Platzen der US-Subprime-Blase in 2007/08 schmerzlich erfahren durften (600 Milliarden € verlorenes deutsches Auslandsvermögen lassen freundlich grüßen).

    Sie schreiben weiter – Zitat: „Denn ein Kreditgeld hängt letztlich am Glauben und Vertrauen (lat. credere) in die Fähigkeit der unbegrenzten Liquiditätsbereitstellung. Und diese Macht hat keine Bank. Eine solche Machtfülle hat nur der Staat. Und diese Macht ist auch nicht unendlich, wie man sehr leicht an gescheiterten Währungen sehen kann. Aber ein funktionsfähiger Staat ist machtvoller als alle anderen Institutionen.“

    Im Zeitalter der Digitalisierung mit globalen Plattformunternehmen, wie Google, Apple, Facebook und Amazon (GAFA), deren Marktkapitalisierung deutlich höher ist, als das Bruttoinlandsprodukt der meisten Nationalstaaten auf unserem Globus, würde ich die Behauptung, dass funktionsfähige Staaten machtvoller seien, als alle anderen Institutionen, nicht unwidersprochen hinnehmen wollen.

    Es geht nach meinem Verständnis im Kern auch nicht um den Glauben und das Vertrauen in die Fähigkeit der unbegrenzten Liquiditätsbereitstellung, sondern um das Vertrauen in die Finanzindustrie und den Staat als solches. Dieses Vertrauen hat in den vergangenen Jahrzehnten durch eine Vielzahl von asozialen, unmoralischen oder illegalen Machenschaften und Verfehlungen der globalen Finanzindustrie erheblich gelitten. Wesentliche Beispiele sind: Platzen der US-Subprime-Blase in 2007/08 als Folge von undurchsichtigen Transaktionen mit Derivaten, Platzen der Dotcom-Blase in 1999/2000, Asienkrise in 1997/1998 durch Spekulationen von Hedgefonds gegen den thailändischen Bath, Steuerhinterziehung und -vermeidung mit Offshore-Centern, „Double Irish with a Dutch Sandwich“, Cum Ex/Cum cum, Manipulation des LIBOR, Manipulation von Aktienkursen durch Hochfrequenzhandel und Short Selling, Manipulation von Rohstoffmärkten durch Derivate, Umgehung von Regulierungsvorschriften durch Schattenbanken, Währungsexperimente von Fed und EZB einschließlich Null-/Niedrigzinsen und Quantitative Easing in Billionenhöhe zu Lasten von Sparern, Konsumenten und Steuerzahlern.

    Angesichts dieser langen Liste von Verfehlungen liegt die Schlussfolgerung nahe, dass Banken und vergleichbare Finanzinstitute auf ihre ursprünglichen Aufgaben beschränkt werden sollten, also das Management von Geldtransaktionen und die vorübergehende Bereitstellung von Liquidität für Unternehmen und Privatpersonen. Kurzfristige Spekulationen mit Firmen, Währungen und Rohstoffen sollten unterbunden werden, während langfristige Investitionen mit nachhaltigen Zielen und positivem Einfluss auf die Realwirtschaft gefördert werden sollten. Die Regierungen schaffen es jedoch noch nicht einmal, sich auf eine einfache Finanztransaktionssteuer oder auf Mindesthaltefristen für Aktienan- und -verkäufe zu verständigen.

    Ferner sollte man verstehen, dass fast alle wesentlichen Instrumente für kurzfristige Spekulationen oder andere Finanzmanipulationen mit negativen Auswirkungen auf unsere Gesellschaften (wie z. B. Hochfrequenzhandel, Short Selling, Hedging, Spekulationen mit Rohstoffen bzw. Währungen, Derivate, …) erst während der letzten 45 Jahre eingeführt ausgeweitet oder pervertiert wurden, als Folge von verhängnisvollen Deregulierungen, die durch die US-Präsidenten Nixon, Carter, Reagan, George Bush, Clinton und George W. Bush und verschiedene europäische Staatsoberhäupter, wie z. B. Margret Thatcher, John Major, Tony Blair, Helmut Kohl, Gerhard Schröder) in Kraft gesetzt wurden. Diese Entwicklungen sind also nicht gottgegeben, sondern könnten allesamt korrigiert werden, wenn es denn den politischen Willen dazu geben würde.

    Sie schreiben – Zitat: „Das Gold der Bundesbank ist also nicht nötig. Woraus es letztlich ankommt, ist die Qualität der Kreditvergabe und somit die Bonität des Schuldners.“

    Ich bin nicht sicher, ob das eine Beruhigung sein soll? Der Umfang der globalen Schulden hat sich seit dem Crash in 2007/08 nochmals deutlich erhöht und liegt mit 215 Billionen USD mittlerweile bei 325% des globalen BIP. Wie Sie wissen, sitzen die Banken in der EU auf rund 1,0 Billion EUR „Non-Performing-Loans“ und die Versuche, diese daraus resultierenden Risiken auf die Steuerzahler abzuwälzen (Stichworte: Bankenunion, Europäische Einlagensicherung) werden immer drängender und verzweifelter.

    Die Unternehmensgewinne der finanziellen Kapitalgesellschaften in Deutschland sind im 26-Jahres-Zeitraum zwischen 1991 und 2016 in absoluten Zahlen um rund 84% gefallen von 30,561 Milliarden EUR in 1991 auf 4,878 Milliarden EUR in 2016. Im Vergleich zum höchsten Gewinn von 67,393 Milliarden EUR, der in 2007 kurz vor Ausbruch der globalen Finanzkrise erwirtschaftet wurde, ist das eine alarmierende Entwicklung. Hätte die Deutsche Bank nicht so viele Risiken in ihrer Bilanz wäre sie schon längst durch einen US-amerikanischen Wettbewerber geschluckt worden.

    Sie schreiben – Zitat: „Wir können also festhalten, eine Geldschuld kann ich entweder durch Überweisung oder durch Barzahlung tilgen. In beiden Fällen fließt Zentralbankgeld. Wer hier etwas gegenteiliges behauptet, der hat noch nicht verstanden, was Clearing ist“.

    Sie haben Prof. Hans-Werner Sinn in einem offenen Brief für seine Darstellung der Risiken aus dem TARGET2-System kritisiert und ihm mangelndes Verständnis des Geldsystems attestiert. Gleichzeitig bestätigen Sie in verschiedenen Kommentaren, dass der Anstieg der TARGET2-Forderungen der Deutschen Bundesbank gegen die Notenbanken andere Staaten der Eurozone (insbesondere Italien, Spanien, Portugal und Griechenland) eine Folge akkumulierter Leistungsbilanzüberschüsse zwischen Deutschland und den Staaten im Süden der Eurozone sowie von Kapitalflucht aus diesen Staaten sind. Der Hinweis, dass die Explosion der TARGET2-Salden seit 2008 nicht Ursache, sondern „nur“ Symptom ist, mag richtig sein, ist aber wohl nicht das entscheidende Argument in dieser Diskussion. Die zentrale Frage ist doch, warum ein Clearingsystem, in dem bis 2008 weitgehend ausgeglichene Salden ausgewiesen wurden, so aus dem Gleichgewicht geraten kann und welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden müssen (z. B. die werthaltige Besicherung und Verzinsung der Salden, wenn sie nicht innerhalb von wenigen Monaten ausgeglichen werden).

    Aus meiner Sicht als deutscher Steuerzahler, Sparer und Konsument spielt es übrigens eine große, wenn nicht gar entscheidende Rolle, welche Auswirkungen die Geldpolitik der EZB hat und wie sich Forderungen und Verbindlichkeiten im TARGET2-System geographisch verteilen – und zwar aus folgenden Gründen:
    1. Deutschen Sparern sind nach Berechnungen der DZ-Bank durch die Niedrig-/Nullzinsen zwischen 2010 und 2017 per Saldo (nach Abzug der Vorteile durch niedrigere Kreditzinsen) 248 Milliarden Euro an Zinsen auf ihre Spareinlagen entgangen.
    2. Deutsche Konsumenten zahlen seit Jahren bis zu 30% zu viel für Importprodukte, weil der Außenwert des Euro durch die EZB auf zeitweise unter 1,05 USD/EUR gedrückt wurde, während der „fair value“ für Deutschland nach Berechnungen von Morgan Stanley bei 1,54 USD/EUR liegen müsste.
    3. Die Steuerzahler in Deutschland ächzen unter der zweithöchsten Belastung durch Steuern und Sozialabgaben unter 38 OECD-Staaten hinter Belgien (siehe: http://www.compareyourcountry.org/taxing-wages?lg=de), obwohl die Steuereinnahmen des Bundes in Deutschland von 190 Milliarden EUR in 2005 auf 300 Milliarden EUR in 2017 angestiegen sind, und obwohl der Bund aufgrund der Nullzinspolitik der EZB seit 2008 insgesamt 240 Milliarden EUR an Zinsausgaben einsparen konnte.
    4. Die Deutsche Bundesbank trägt durch ihren Anteil von 25,5674% am eingezahlten Kapital der EZB ein entsprechendes Haftungsrisiko. Durch das Quantitative Easing-Programm der EZB hat sich deren Bilanzsumme seit März 2015 auf mittlerweile über 4,466 Billionen EUR aufgebläht. Kjell G. Nyborg hat im Rahmen seiner Studien herausgearbeitet, dass die EZB im Rahmen ihres QE-Programms systematisch auch Anleihen minderwertiger Qualität gekauft hat. Die Deutsche Bundesbank haftet also mit 1,142 Billionen EUR für die beispiellosen Währungsexperimente der EZB – das sind 13.842 EUR pro Kopf jedes deutschen Bürgers vom Baby bis zum Greis.

    Ihr Blog stammt aus dem April 2014; mittlerweile sollte klar sein, dass der Austritt von Staaten aus dem Eurosystem nicht unmöglich ist. Es gab entsprechende Überlegungen ja bereits in Griechenland auf dem jüngsten Höhepunkt der Eurokrise in 2015. Die Briten haben sich gegen einen Verbleib in der EU entschieden – was auch niemand für möglich gehalten hätte. Wenn Madame Le Pen die französische Präsidentschaftswahl in 2017 gewonnen hätte, wäre das der Anfang vom Ende des Eurosystems gewesen, und was passieren wird, wenn sich bei den anstehenden Parlamentswahlen in Italien Anfang März 2018 Euro-kritische Kräfte durchsetzen, werden wir erleben. Tatsache ist: Infolge der hohen TARGET2-Forderungen von 907 Milliarden EUR, von denen Gegenposten in Höhe von über 420 Milliarden EUR bei der italienischen Zentralbank liegen, ist Deutschland erpressbar – und das ist nicht gut.

    Sie schreiben – Zitat: „Dass die Banken ein großes Interesse an bargeldloser Zahlung haben, hat doch etwas damit zu tun, dass diese Form der Bezahlung sehr aufwändig und somit teuer ist (Unterhaltung von Geldautomaten, Drucken von Geld durch die Zentralbank, unökologischer und teurer Transport von Bargeld, Falschgeldkontrolle etc.). Eine Reduktion des Bargeldverkehrs verringert also die Kosten der Bank und ist somit aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive zu begrüßen.“

    Das mag einer von mehreren Gründen für die Überlegungen zur schrittweisen Abschaffung des Bargeldes beginnend mit dem 500 EUR-Schein sein. Mindestens genauso wichtig dürfte der Aspekt der lückenlosen Kontrolle der Bürger und ihres Zahlungsverkehrs sein. Dank Edward Snowden wurde in 2013 der Umfang der staatlichen Überwachung unter dem Deckmäntelchen der „Terrorbekämpfung“ öffentlich bekannt. Die in den vergangenen Jahren rasant gestiegene Popularität von Bitcoin&Co. ist zweifellos auch durch das Misstrauen gegenüber Staat und Finanzsystem begründet.

    Sie schreiben – Zitat: „Ist das Eigenkapital aufgezehrt, dann müssen eben andere ran. Und wenn es hart auf hart kommt (Island, Griechenland, Zypern…), dann eben auch der Sparer und/oder Steuerzahler.“

    Sie mögen verstehen, dass ich diese Aussage als Sparer und Steuerzahler auf Deutsch gesagt „zum Kotzen“ finde – vor allem, wenn ich für selbstverschuldete Risiken ausländischer Kreditinstitute haften soll. Dass private Gläubiger im Zuge eines verdeckten Schuldenschnittes in 2012 aus der Verpflichtung für ihre selbstverschuldeten Risiken entlassen wurden, und diese Risiken den Steuerzahlern der Eurozone aufgezwungen wurden, ist für mich eine der größten Sauereien der vergangenen Jahre.

    Sie schreiben – Zitat. „In Krisenzeiten haben Zentralbanken aufgrund ihrer unbegrenzten Feuerkraft die absolute Macht, Liquiditätsereignisse zu bekämpfen und einen Systemkollaps zu verhindern.“

    Haben Sie das tatsächlich? Solange das Bargeld nicht abgeschafft ist und Kryptowährungen nicht verboten sind, werden Negativzinsen die Bürger und Unternehmen nicht zu einem höheren Konsum motivieren. Und die EZB findet ja heute im Rahmen der selbst auferlegten Regeln kaum noch Staats- und Unternehmensanleihen von Staaten aus dem Süden der Eurozone, die sie aufkaufen könnte. Wenn man die Währungsexperimente also nicht ausweiten, sich auf völliges Neuland begeben will (Stichwort: Helikoptergeld), dann ist die Feuerkraft der Zentralbanken sehr wohl begrenzt. Und sollte uns der nächste Crash des globalen Finanzsystems eher kurz- als mittelfristig ereilen, dann dürfte Jim Rogers wohl mit seiner Prognose recht behalten, dass es ein „Once-in-a-Lifetime-Event“ werden wird.

    Sie schreiben – Zitat: „Die Insolvenz sollte nicht nur für Bankkunden sondern auch für Banken das normale marktwirtschaftliche Korrektiv sein.
    Damit es erst gar nicht soweit kommt, sollte die Kreditvergabe der Banken nach einheitlichen Bonitätsstandards erfolgen. Diese festzulegen und zu überwachen sollte eine der zentralen zukünftigen Funktionen einer Zentralbank sein.“

    Bislang haben Banken immer noch Mittel und Wege gefunden, um sich der staatlichen Regulierung zu entziehen (siehe oben). Warum sollte das diesmal anders sein? In den USA lockert Trump die ohnehin unzureichende Regulierung, die unter seinem Vorgänger Obama beschlossen wurde, bereits wieder.

    Wenn ich das Geschehen richtig verfolge, finden die Banken gar keine potenziellen Schuldner mehr, die diesen Bonitätsstandards genügen würden. Die Gewinner der Globalisierung erwirtschaften so hohe Gewinne, dass sie keine Kredit brauchen, die Verlierer der Globalisierung sind nicht kreditwürdig und die Mittelschicht dazwischen verschwindet nach und nach durch Abstieg oder Übernahme durch finanzstärkere Wettbewerber.

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